Schwebeglück

Aus dem Vorwort der 2006 erschienenen Arbeit.

Als die erste Idee zu dieser Arbeit entstand, war der Name Wilhelm Genazino nur einem kleineren Lesekreis bekannt. Diese Zeit ist längst vorbei, der Autor gekürt mit der höchsten Auszeichnung deutschsprachiger Literatur. Sich literaturwissenschaftlich mit seinen Texten auseinanderzusetzen, bedeutete auch, der Illusion zu erliegen, man könne das Werk dieses Autors ordnen. Und doch erwies sich als die vielleicht schönste Erfahrung während dieser Jahre, dass gerade dann der Blick sich weitet, wenn diese Illusion zurücktritt. Nicht nur „das Banale ist das Unaufräumbare“ (so Genazino in einem Essay), sondern letztlich die Literatur, wahrscheinlich das Leben – auch, weil das Banale sich aufzulösen beginnt, begegnet man ihm mit dem „gedehnten Blick“ dieses Autors.

Der Titel der Arbeit, „Schwebeglück der Literatur“ (Genazino), meint eben dies: Wie sich durch Sprache eine gewisse Schwerelosigkeit einstellt, obwohl doch das darin Verhandelte so schwer wiegt – und umgekehrt: wie das scheinbar Leichte ein Gewicht erhält. Die Gewichte und Nicht-Gewichte zu verteilen ist die eine, erzählerische Tätigkeit; die Beobachtung dieses Vorgangs die andere. Das Resultat liegt hier vor.